Zusammenfassung
Lange Zeit war die Verkehrspolitik vorrangig auf die Förderung des privaten Automobils ausgerichtet – von der Steuergesetzgebung über die städtische Verkehrsinfrastruktur bis zur Straßenverkehrsordnung. Dahinter stand die weithin geteilte Geschichte vom privaten Auto als Voraussetzung und fester Bestandteil eines glücklichen Lebens. Viele Jahrzehnte war dieses Narrativ unangefochten, es wurde ausgiebig gelebt und wertgeschätzt. Doch zu viele Fahrzeuge, vor allem in den Städten, haben den Gebrauchswert des privaten Autos stark eingeschränkt und mittlerweile zu vielen negativen Effekten geführt. Das Bewusstsein über den Beitrag des fossilen Verbrennungsmotors zur Klimakrise ist gestiegen. Dauerstaus, die schlechte Luft in den Städten und die Belegung öffentlicher Flächen sowie nicht zuletzt der tiefgehende Vertrauensverlust infolge des Dieselskandals haben eine Autodämmerung eingeleitet. Die Verkehrswende nimmt langsam Konturen an. Die Einstellungen und mittlerweile auch das Verhalten beginnen sich zu ändern. Menschen in Städten suchen Alternativen zum eigenen Auto und finden diese auch. Das Auto hat seine Stellung als zentrales Statussymbol in weiten Kreisen der Bevölkerung eingebüsst. Marken, Zylinderzahlen und Hubraumgrößen sind für viele nicht länger interessant. Stattdessen gewinnen Sharing-Modelle an Attraktivität, während der Zugang und die Nutzung von Autos wichtiger als der Besitz werden. Fahrzeuge werden auf digitalen Plattformen zu austauschbaren Verkehrsgeräten.
Dieser Wandel findet nicht nur in Deutschland statt, sondern auch in Städten wie London, Paris und Singapur. Bürgermeister/innen fordern mehr Reformen von der Automobilindustrie und kündigen Verbote für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren an. Neue Unternehmen tauchen mit neuen Geschäftsideen auf, die alternative Nutzungen von Autos ermöglichen. Über spezielle Apps buchbare Fahrgemeinschaften, sogenanntes Ride-Sharing oder Ride-Hailing, können die verfügbaren Autos, Scooter oder Räder durch neue kollektive Nutzungspraktiken attraktiv machen und so Beiträge zur Reduzierung der Verkehrsmengen liefern.
Doch in Deutschland tun wir uns schwer mit diesen Alternativen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind zu stark auf das private Verbrennungsauto fixiert, Alternativen nicht vorgesehen. Der staatlich garantierte Nahverkehr als Teil der Daseinsvorsorge ist keine Konkurrenz zum eigenen Auto. Die Regelungen des Taxi- und Mietwagengewerbes sind kompliziert, Innovationen nicht vorgesehen. Es fehlen die Rahmenbedingungen und Leitplanken für eine nachhaltige Mobilität. Dabei könnte die Verkehrswende zunächst im Kleinen starten, in den Städten, organisiert im Rahmen von regulatorischen Experimentierräumen mit denen, die dazu Lust haben. Galt Bürgerbeteiligung bisher als lästige Pflicht in der Verkehrs- und Infrastrukturplanung, könnten diese zu einem Garanten des Erfolges neuer Lösungen werden.
Den gesamten Text finden Sie in folgendem PDF-Dokument. Wir wünschen eine anregende Lektüre.
PDF-Download: Strategiepapier Verkehrswende
Grafik: © Heinrich Böll Stiftung