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25. September 2020. Carsharing kann helfen, den Autoverkehr zu reduzieren. Das ist das Ergebnis einer Studie. Städte sollten Anbieter daher noch stärker unterstützen, sagen die Forscher.

Staus, Luftverschmutzung, Lärm, Parkplatzmangel: Zu viele Autos in den Städten führen zu zahlreichen Problemen. Und doch steigt ihre Zahl weiter – sogar in Städten mit sehr gut ausgebautem Nahverkehr wie Berlin. Die Politik sucht nach Lösungen für dieses Problem, die den Bürgerinnen und Bürgern möglichst wenig wehtun. Als eine solche Lösung gilt Carsharing. Wer sich jederzeit ein Auto leihen kann, muss selbst keins besitzen und wer keins besitzt, fährt weniger Strecken mit dem Auto, so die Hoffnung. Aber ist das wirklich so? Oder lockt Carsharing nur Menschen ohne eigenen Wagen aus der Bahn ins Leihauto und verschlimmert so das Problem?

Um diese Fragen zu beantworten, hat das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) 1.600 Nutzerinnen und Nutzer des Carsharing-Anbieters WeShare online befragt. Laut WZB handelt es sich um die größte Untersuchung eines flexiblen Carsharing-Angebots in Deutschland. WeShare gehört zu VW und ist mit 1.500 Elektro-Golfs in Berlin vertreten. Die Ausleihe funktioniert nach dem Freefloating-Prinzip: Die Autos stehen nicht an festen Stationen, Kundinnen können überall im Geschäftsgebiet losfahren und den Wagen wieder abstellen. Gerade bei diesem System, das keine festen Parkplätze für Carsharing vorsieht, ist die Frage, ob es Parkplatznot nicht noch verschärft.

Die Forscher des WZB sehen diese Sorge durch ihre Befragung entkräftet. „Die Daten zeigen, dass flexibles Carsharing dabei helfen kann, den privaten Autobesitz zu reduzieren“, heißt es in der Studie. Zwei Drittel der befragten WeShare-Nutzer haben demnach kein Auto im Haushalt. Von ihnen würden rund 24 Prozent ein Auto anschaffen, wenn es kein Carsharing gäbe. Weitere 22 Prozent würden einen Pkw auf anderem Wege leihen, also einen Mietwagen oder ein Auto von Freunden oder Verwandten. 27 Prozent würden häufiger Bus und Bahn nutzen. „Diese Daten sprechen dafür, dass Carsharing zwar einige Autos zusätzlich in die Stadt bringt, aber auch dazu beiträgt, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Menschen auf die Anschaffung eines eigenen Pkw verzichtet“, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie.

Die WeShare-Nutzerinnen ohne eigenes Auto wurden außerdem gefragt, wie sie ihre jüngste Carsharing-Fahrt bewältigt hätten, wenn es kein Carsharing mehr gäbe. In 46 Prozent der Fälle lautete die Antwort Bus und Bahn. Daraus lässt sich schließen, dass Carsharing durchaus Menschen aus dem Nahverkehr ins Auto lockt. Ein Drittel der Befragten wäre allerdings auch ohne Carsharing in ein Auto gestiegen, etwa in ein Taxi oder in einen Mietwagen.

Von den Befragten mit Auto im Haushalt nutzt nach eigenen Angaben nur jeder Dritte fast täglich einen Pkw. Das WZB hat sie gefragt, ob Carsharing zukünftig ihren eigenen Pkw ersetzen könnte. Rund jeder Zweite hält das demnach für sehr (16 Prozent) oder eher (33 Prozent) wahrscheinlich. Diese Entscheidung begünstigen würde es, wenn Carsharing deutlich günstiger würde, sagen knapp 20 Prozent, und wenn der Nahverkehr deutlich ausgebaut würde (17 Prozent). Weiterhin unklar ist, ob und wenn ja wie viele Haushalte ihr Auto bereits abgeschafft haben, weil sie es durch das Carsharing nicht mehr brauchen.

„Die Option auf Carsharing macht es attraktiver, ein Leben ohne Auto zu führen“, sagt Lisa Ruhrort, wissenschaftliche Mitarbeiterin am WZB und Mitautorin der Untersuchung. Dass diese Menschen dann hin und wieder das Carsharing-Auto statt des Busses nehmen, sieht Ruhrort nicht als Problem. „Wer jeden Tag den öffentlichen Verkehr nutzt, weiß, warum eine weitere Option wichtig ist“, sagt Ruhrort.

Auch Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität am WZB und Mitautor der Studie, sieht flexibles Carsharing als wichtigen Anreiz für ein Leben ohne privates Auto: „Ein gutes Angebot an öffentlichem Verkehr und Fahrradwegen reichen nicht aus, um die Leute aus dem Auto rauszukriegen.“ Besonders die Flexibilität, auch mal spontan das Auto nehmen zu können, sei Carsharing-Nutzern wichtig.

Städte sollten Anbietern entgegenkommen

Für die Untersuchung konnte das WZB auch die Daten von rund 600.000 WeShare-Buchungen im Zeitraum von September 2019 bis Februar 2020 analysieren. Das Carsharing wird demnach unter der Woche vor allem morgens und abends genutzt. 26 Prozent der Fahrten haben laut der Befragung den Arbeitsplatz oder einen geschäftlichen Termin als Ziel. Am Wochenende dagegen sind die Fahrten gleichmäßiger über den Tag verteilt mit den meisten Nutzungen am Nachmittag. Rund 60 Prozent der Buchungen dauern kürzer als 30 Minuten.

Verkehrsforscher Knie sieht einen weiteren Vorteil bei flexiblen Carsharing-Autos: Sie würden mehr als 25 Prozent der Zeit genutzt, private Pkw dagegen nur fünf Prozent. Je mehr Autos ein Anbieter vor Ort habe, desto höher sei zudem die Auslastung der einzelnen Fahrzeuge, sagt Knie.

Damit flexibles Carsharing für noch mehr Menschen den Verzicht aufs eigene Auto attraktiv macht, fordert Knie, dass die Städte den Anbietern entgegenkommen. „Flexibles elektrisches Carsharing ist bisher nicht profitabel und das liegt vor allem daran, dass Anbieter hohe Gebühren fürs Parken zahlen müssen“, sagt Knie. Kommunen sollten seiner Meinung nach die Anbieter finanziell entlasten und mehr Parkplätze für Carsharing-Autos reservieren.

Quelle: ZEIT Online von Sören Götz / https://www.zeit.de/mobilitaet/2020-09/carsharing-stau-autoverkehr-staedte-autos-strassen-stadtverkehr

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Berlin, 14. September 2020. Corona hat die Mobilität verändert. Die Zahl der zurückgelegten Wege ist gesunken. Auch beim Auto gab es bundesweit einen Rückgang um 30 Prozent. Noch stärker ist der Bahnverkehr eingebrochen. Viele Menschen verzichteten während der Kontaktsperre auf Fahrten mit Bahn und Tram, weil sie Ansteckungen mit dem Virus fürchteten. Entsprechend dünnten die Deutsche Bahn und lokale Verkehrsbetriebe ihre Angebote aus.

Zugleich sind in vielen Städten neue Radwege entstanden. Sie sollen Radfahrer:innen dabei helfen, die Vorgaben für Sicherheitsabstände einzuhalten, und in Großstädten sollten sie zusätzlich den öffentlichen Nahverkehr entlasten. Berlin, Düsseldorf, München, Nürnberg und Stuttgart haben beispielsweise sogenannte Pop-up-Fahrradspuren, temporäre Radwege, eingerichtet.

In Berlin lagen die Pläne für diese Radwege schon in der Schublade. Durch die Pandemie konnten sie unkompliziert verwirklicht werden, auch wenn das Verwaltungsgericht Berlin in der vergangenen Woche Zweifel an der Rechtmäßigkeit angemeldet hat. Zwar könne die Senatsverwaltung befristete Radwege einrichten, allerdings nur dort, wo es eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit gebe. Das hatte die Verwaltung nicht ausreichend dargelegt. Hier muss die Politik nacharbeiten.

„Für die Verkehrspolitik ist die Pandemiezeit sehr fruchtbar: Die Menschen sind gezwungen, über ihr bisheriges Verhalten nachzudenken und es gegebenenfalls auch zu ändern“, sagt der Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin. Jetzt habe Politik für die Ingangsetzung der Verkehrswende eine große Chance.

Doch die Verkehrspolitik hielt sich mit Vorschlägen in der Coronakrise bisher zurück, abgesehen von den Pop-up-Radwegen. Immerhin spürten auch Fahrradhersteller und -händler die gestiegene Beliebtheit des Radfahrens und verzeichneten in den vergangenen Wochen höhere Absätze.

Einbruch bei Sharingdiensten

Das ist aber nur ein Teil des Bildes. Vor allem die sogenannten neuen Mobilitätsdienstleistungen hatten es während der Kontaktsperre schwer. Etliche der Unternehmen haben ihr Angebot in der Pandemie eingeschränkt oder zum Teil gleich ganz eingestellt. So hatte beispielsweise der Fernbusanbieter Flixbus seinen Betrieb in Deutschland für mehrere Wochen ausgesetzt.

Auch die Anbieter von Carsharing bekamen die deutlich gesunkene Nachfrage zu spüren. „Wir hatten in den ersten Wochen nach dem Lockdown Rückgänge bei den Anmietungen um rund 50 Prozent“, sagt Michael Fischer, Sprecher von Weshare, gegenüber Klimareporter.

Die VW-Tochter, die ausschließlich Elektroautos vermietet, hat die Reißleine gezogen und ihre Expansionspläne vorerst auf Eis gelegt. Fischer: „Wir haben uns angesichts der zurückliegenden Einnahmeausfälle während der Krise und fortbestehender Planungsunsicherheiten wegen einer möglichen zweiten Infektionswelle dafür entschieden, in diesem Jahr vorerst keine Standorte in weiteren Städten zu eröffnen.“

Die gesamte Sharingbranche – über 220 Unternehmen in Deutschland – war von der gesunkenen Nachfrage betroffen. Beim Bundesverband Carsharing heißt es, die Corona-Pandemie habe erhebliche Umsatzeinbußen verursacht. Im März waren die Buchungszahlen um die Hälfte eingebrochen. „Wir müssen dafür sorgen, dass durch die Coronakrise das Carsharing-Angebot in Deutschland nicht langfristig geschwächt wird“, warnte der Geschäftsführer des Verbands Gunnar Nehrke.

Etliche Unternehmen schickten ihre Mitarbeiter:innen in Kurzarbeit. Manche dünnten ihre Flotte aus, meldeten Pkw ab ober stellten ihr Angebot vorübergehend ein. Signifikante Umsatzeinbußen verzeichnete auch Deutschlands größter Carsharing-Anbieter Share Now.

Ähnliches war bei Fahrdiensten zu beobachten. Free Now, wie Share Now ein Gemeinschaftsunternehmen von Daimler und BMW, hat wegen ausbleibender Buchungen einen Teil seiner Beschäftigten in Kurzarbeit geschickt. Zudem wurden Stellen „in einem unteren dreistelligen Bereich“ abgebaut, wie Free Now mitteilte.

Ridepooling im Krisenmodus

Die ausbleibenden Buchungen und fehlenden Einnahmen sind für die Branche ein großes Problem. Vieles, was jetzt nicht mehr genutzt wird, wird später nicht wieder hochfahren. Vor allem für Fahrdienste, die von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden – das sogenannte Ridepooling –, war die Corona-Pandemie verheerend. Sie haben ihr Angebot auf Krisenmodus gestellt.

So hatte die VW-Tochter Moia, die in Hamburg und Hannover tätig ist, den Betrieb in der niedersächsischen Landeshauptstadt für fünf Monate eingestellt. Seit ein paar Tagen sind dort wieder E-Kleinbusse im Einsatz. In Hamburg konnten die Fahrzeuge nur zwischen null und sechs Uhr gebucht, aber auch mit Fahrkarten des Hamburger Verkehrsverbunds genutzt werden. Moia wurde mehr oder weniger ein Mini-Nachtbus im Nahverkehr.

Die Furcht der Kund:innen vor Ansteckung war für viele Ridepooling-Anbieter ein erhebliches Problem, denn die Nachfrage blieb aus. So hat der Sammeltaxi-Dienst der Deutschen Bahn, Clevershuttle, im Juni bekannt gegeben, keine Fahrten mehr in Berlin, Dresden und München anzubieten.

Als Erklärung für den Schritt nannte Fabio Adlassnigg von Clevershuttle die „strategische Neubewertung der Aktivitäten in diesen Städten sowie wirtschaftliche Gründe“. Ziel des Unternehmens sei es, sich als Ergänzung zum ÖPNV zu etablieren. In Düsseldorf, Leipzig und Kiel gebe es dafür starke lokale Partnerschaften und der Betrieb laufe dort normal weiter.

„Waren vor der Krise vor allem die Abend- und die Nachtstunden sehr stark frequentiert, so sind es jetzt die schwächsten Zeiten“, sagt Clevershuttle-Sprecher Adlassnigg gegenüber Klimareporter. „Dass Restaurants, Kneipen und Clubs nicht mehr so häufig besucht werden wie vor der Krise, spüren wir deutlich.“

Um Fährgästen auch während der Pandemie ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, können Kund:innen von Clevershuttle entscheiden, ob sie ihre Fahrt mit höchstens einem weiteren Fahrgast teilen wollen oder eine Einzelfahrt bevorzugen. Weitere Vorkehrungen wie eine Maskenpflicht, Trennscheiben sowie das regelmäßige Reinigen und Desinfizieren kommen dem Bedürfnis nach Sicherheit entgegen.

E-Tretroller kommen wieder

Neben Anbietern von Carsharing und Ridepooling wurden auch die Verleiher von E-Scootern deutlich von Corona in Mitleidenschaft gezogen. Seit Sommer vergangenen Jahres sind die mit Elektromotoren ausgestatteten Roller in Deutschland erlaubt und eroberten schnell größere Städte. Doch während der Kontaktsperre verschwanden viele E-Scooter aus dem Straßenbild, die Anbieter hatten sie eingesammelt.

„Die strengen Ausgangs- und Kontaktsperren der im März und April hatten natürlich auch für uns deutliche Folgen“, sagt David Krebs vom Berliner Anbieter Tier Mobility. „In der Lockdown-Phase haben wir allgemein einen Umsatzeinbruch und eine geringere Nutzung unseres Services erlebt – analog zu den generell rückläufigen Bewegungsaktivitäten der Menschen.“ Allerdings gebe es derzeit wieder einen deutlichen Aufwärtstrend.

Auch der schwedische Anbieter Voi, der in mehreren Städten in Deutschland vertreten ist, sieht sich trotz Kontaktsperre wieder im Aufwind. „Seit dem Neustart aus der Corona-Pause hat sich unsere Flottenauslastung stark erhöht – in Berlin hat sie sich mehr als verdreifacht“, meint Klaus Unterkircher, Voi-Geschäftsführer für Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Zwar lägen die Zahlen nach der Kontaktsperre noch unter den Vergleichswerten vom letzten Jahr. „Inzwischen haben sie diese aber bereits an vielen Stellen überschritten und ein Ende des Aufwärtstrends ist noch nicht in Sicht“, gibt sich Unterkircher optimistisch.

Eine ähnliche Entwicklung beobachtet auch der US-amerikanische E-Scooter-Anbieter Lime. „In den letzten Wochen und Monaten seit der Corona-bedingten Betriebspause sehen wir ein kontinuierliches Wachstum bei den Nutzerzahlen wie auch bei der Anzahl der Fahrten“, sagt Jashar Seyfi, Geschäftsführer von Lime Deutschland.

Auch die Fahrtdauer habe sich verändert. „Auswertungen zeigen, dass die Fahrten mit den Lime-Scootern im Schnitt 25 Prozent länger sind als im Vergleichszeitraum vor der Pandemie“, sagt Seyfi.

Verlierer ÖPNV, Gewinner Fußverkehr

Während die E-Roller-Dienstleister die Talsohle der Corona-Pandemie offenbar hinter sich haben, haben es die kommunalen Verkehrsunternehmen nach wie vor schwer. Der öffentliche Verkehr hat weiterhin mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Die Auslastung von Bussen und Bahnen ist immer noch deutlich geringer als üblich.

„Nach der langsamen Aufhebung der Beschränkungen sind die Stammkunden wieder zurück in den öffentlichen Verkehrsmitteln, aber eben nur die Stammkunden, das reicht für eine Verkehrswende aber nicht aus“, sagt Verkehrsforscher Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin.

„Der öffentliche Verkehr steht vor einer großen Herausforderung: Er muss sich praktisch neu erfinden und seine Dienste von Haustür zu Haustür anbieten“, meint Knie. Und dafür brauche es die neuen Mobilitätsanbieter, die jetzt zum großen Teil Rückschläge durch die Pandemie erfuhren.

Punkten konnte dagegen eine Fortbewegung, die viele nicht auf dem Schirm haben, wenn sie an Mobilität denken. „Während des Lockdowns waren tatsächlich die Füße der große Gewinner im Verkehrsmarkt“, sagt Andreas Knie. Die Menschen entschieden sich häufiger fürs Zufußgehen.

Wegen Home office und Kurzarbeit entfielen viele Arbeitswege, und die Freizeit wurde häufig für Spaziergänge oder Erledigungen in Fußentfernung genutzt. Ob sich dieser Trend fortsetzt, werden die kommenden Monate zeigen.

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Deutscher Städtetag will „dem Auto öffentliche Räume entreißen“

Berlin, 02. September 2020. Der Deutsche Städtetag will eine Verkehrswende in Deutschland, in der das Auto eine deutlich kleinere Rolle spielt. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy wünscht sich, dass dem Auto öffentliche Räume entrissen werden.

Der Deutsche Städtetag hat sich für eine Verkehrswende mit einer deutlich verringerten Rolle des Autos ausgesprochen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist noch keine Verkehrswende, wenn wir jeden Verbrenner durch ein E-Auto ersetzen. Es geht darum, dem Auto auch öffentliche Räume zu entreißen. Unsere Städte sind keine Parkplätze, Städte sind Orte zum Leben. Es sind Städte für Menschen und nicht Städte für Autos.“

In vielen Großstädten in Deutschland und Europa gibt es Überlegungen, dem Auto angesichts von Staus, aus Klimaschutzgründen sowie für mehr Verkehrssicherheit Raum wegzunehmen. So gilt Kopenhagen als eine der fahrradfreundlichsten Städte mit eigenen Schnellwegen für Radfahrer. In Berlin ist die Einkaufsmeile Friedrichstraße in einem Modellversuch abschnittsweise für den Autoverkehr gesperrt worden. Das Projekt soll Ende Januar 2021 beendet und ausgewertet werden.

Auto soll geringere Rolle spielen

„Wir wollen zu einem anderen Mix von Verkehrsmitteln kommen“, sagte Dedy. „Zu einem Mix, bei dem das Auto eine geringere Rolle spielt. Es gab vor Corona ein paar ganz gute Entwicklungen. Bus und Bahn hatten Zuwächse bei den Fahrgastzahlen. Aber beim Umbau des Verkehrs in den Städten ist noch viel Luft nach oben.“ Das Fahrrad biete eine große Chance, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags.

Es gebe zu wenig Konzepte über alle Verkehrsträger hinweg. „Wir brauchen einen attraktiveren öffentlichen Personennahverkehr. Wir brauchen eine bessere Taktung und mehr Regionalverkehr bei der Bahn. Wir brauchen auch in Städten die Vernetzung zwischen den verschiedenen Systemen. Das haben wir im Moment noch zu wenig“, so Dedy. Carsharing und Fahrräder sollten zum Beispiel am Ende einer S-Bahn-Linie stehen. „Und bei den E-Rollern müssen die Leute wissen, wo sie hingehören und wo nicht. Wir sollten mehr in Beförderungsketten denken.“

„Das ist zu verwirrend“

Neben einem Deutschlandtakt bei der Bahn brauche es auch bessere digitale Buchungssysteme für Tickets über Stadtgrenzen und Verkehrsverbünde hinaus, sagte Dedy: „Wenn ich in Stuttgart vor einem Automaten stehe, brauche ich erst mal eine Einführung, weil ich vorher in Frankfurt war und das Ticketsystem völlig anders aussah. Das ist zu verwirrend. Wir müssen digitale Ticketsysteme weiterentwickeln. Und zwar so, dass ich als Fahrgast damit Verkehrsangebote unterschiedlicher Regionen und Unternehmen buchen kann.“

Mittwoch, 02. September 2020 (dpa-AFX/gem) https://www.automobilwoche.de