Im Nachgang zum #DBUdigital Online-Salon „Mobilität – Impulse und Umsetzungspraxis für eine nachhaltige, kommunale Verkehrswende“ vom 18.05.2021 ist die Aufzeichnung der Veranstaltung nun auf der DBU-Website und auf unserem YouTube-Kanal abrufbar.
Bei Interesse: Das Verkehrswendebüro ist unter folgender Mailadresse erreichbar: verkehrswendebuero@wzb.eu
Wir bedanken uns für Ihre Teilnahme und laden Sie herzlich zu unserer digitalen Podiumsdiskussion „Mobilitätskonzepte der Zukunft“ am Freitag, 11. Juni 2021 um 11:00 bis 12:15 Uhr ein, die unter dem Motto „So geht Zukunft!“ der Woche der Umwelt 2021 (10. bis 11. Juni) stattfindet. Weitere Informationen finden Sie hier.
Alle Informationen zum Programm der Woche der Umwelt 2021 und zu den Präsentationen der rund 160 Ausstellenden finden Sie hier.
Sie können sich hier anmelden, um stets per Mail über alle Neuigkeiten der Woche der Umwelt 2021 informiert zu sein.
Die 13. meccanica feminale Baden-Württemberg (#mfbw22), findet vom 22.-26.02.2022 an der Universität Stuttgart am Campus Vaihingen statt. Dozentinnen und Fachfrauen sind herzlich dazu aufgerufen, Angebote für Seminare, Workshops und Vorträge abzugeben. Schwerpunkt der #mfbw22 ist „Mobilität von morgen“.
https://www.verkehrswendebuero.de/wp-content/uploads/2021/05/meccanicafeminale.jpg420920Falk Begehttps://www.verkehrswendebuero.de/wp-content/uploads/2020/03/200327_verkehrswende_logo.pngFalk Bege2021-05-20 12:09:022021-05-20 12:39:10Der Call for Lectures für die meccanica feminale 2022 ist geöffnet (Einsendeschluss: 20.06.2021)
Kurswechsel: So gelingt die Verkehrswende (9) 12. Mai 2021
Ein Gastbeitrag auf klimareporter.de von Andreas Knie und Christian Scherf
Vor allem in den Städten ist in Corona-Zeiten der Anteil der täglichen Wege eingebrochen, die mit Bus oder Bahn zurückgelegt werden. Die Gründe liegen aber tiefer: Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) steckt in einer strukturellen Krise, die von der Pandemie schonungslos offengelegt wird.
Für ein erhöhtes Risiko, sich in Bus und Bahn mit Corona anzustecken, gibt es keine Belege. Dennoch laufen hierzulande dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) die Kunden weg. Die Nutzungszahlen bleiben auch nach einem Jahr Pandemie-Erfahrungen auf erschreckend niedrigem Niveau.
Bundesweit rutschte der Anteil des öffentlichen Verkehrs an den
täglichen Wegen von 18 auf acht Prozent ab, betrachtet man den Zeitraum
von März 2020 bis Februar 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
So zeigt es der neue Mobilitätsmonitor, der halbjährlich von der Forschungsgruppe „Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung“ des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) und dem Karlsruher Thinktank M-Five erstellt wird.
Während in den ländlichen Regionen – sie umfassen rund 60 Prozent der Fläche Deutschlands – der öffentliche Verkehr schon lange keine Rolle mehr spielt, haben nunmehr vor allen Dingen die Städte einen eklatanten Rückgang der Fahrgäste zu beklagen.
Nach eigener Schätzung der Verkehrsbetriebe nutzten in Berlin am Ende des ersten Pandemiejahrs nur noch rund 60 Prozent der ursprünglichen Fahrgäste die Angebote des öffentlichen Verkehrs (Grafik unten). Noch schlimmer steht es in Hamburg und München (Grafik ganz unten). Dort kehrten bis Dezember 2020 lediglich 40 bis 50 Prozent der Fahrgäste aus der Vorpandemiezeit zum öffentlichen Verkehr zurück.
Fahrgastentwicklung im öffentlichen Verkehr Berlins während des Jahres 2020 mit den zwei Lockdowns. (Grafik: WZB/M‑Five)
Zu berücksichtigen ist dabei, dass die traditionellen Stammgäste des
öffentlichen Verkehrs in der anhaltenden Pandemie meist noch nicht
wieder unterwegs sind: Schüler, Studierende und Auszubildende haben erst
teilweise oder noch gar nicht in den Präsenzbetrieb zurückgefunden.
Touristen, die in den großen Städten eine wichtige Kundenklientel
bilden, durften noch überhaupt nicht unterwegs sein.
Täuschen lassen darf man sich auch nicht von vielen Befragungen, die dieser Tage überall verbreitet werden, wonach Menschen aus Angst vor Ansteckung nicht mehr
mit den Öffentlichen fahren. Ja, solche Menschen gibt es – bei genauer
Nachfrage stellt sich aber heraus: Es sind genau diejenigen, die schon
seit Jahren nicht gefahren sind und denen die Pandemie die passende
Entschuldigung liefert, eben auch jetzt nicht Busse und Bahnen benutzen
zu können.
Das gerade in Eile zusammengezimmerte neue Klimagesetz
der Bundesregierung legt den Anteil des öffentlichen Verkehrs an den
täglichen Wegen bis 2030 auf weit über 30 Prozent fest. Das Problem, das
es dafür zu lösen gilt, geht tiefer: Der öffentliche Personennah- und
-fernverkehr ist in einer strukturellen Krise, die jetzt von der
Pandemie schonungslos offengelegt wird.
Der demografische Wandel schafft Fakten, die der öffentliche Verkehr
gar nicht wahrnimmt. Mehr als ein Drittel der Einwohner in Deutschland
ist über 60 Jahre alt. Fragt man diese Menschen, stehen Busse und Bahnen
bei ihnen nicht hoch im Kurs.
Der öffentliche Verkehr kennt nur den Standard von vor 50 Jahren
Die Digitalisierung zeigt heute allen, wie der Zugang zu Produkten und Dienstleistungen mit wenigen Klicks gelingt. Der öffentliche Verkehr arbeitet dagegen an Fahrkartenautomaten und renoviert Tarifstrukturen, denkt in Linien und taktgebundenen Verkehrsangeboten. Der Branche ist der Kontakt zur Welt leider abhandengekommen.
Es ist alles flexibler, dynamischer, komplizierter und unsicherer
geworden – gerade im Verkehr. Mal hat man einen Job, mal keinen, mal
wohnt man dort, mal wieder woanders, es gibt unterschiedliche
Jahreszeiten mit unterschiedlichen Präferenzen für Verkehrsmittel und
sehr unterschiedliche Bedürfnisprofile.
Künftig wird es spürbar mehr mobile Arbeit geben. Die Organisation
der Arbeit ändert sich stark: Viel mehr passiert in orts- und
zeitflexibler Weise.
Nur der öffentliche Verkehr kennt all das nicht: Er kennt nur den
Standard, so wie die Welt vor 50 Jahren war. Seit über einem Jahr gibt
es die Pandemie – und genauso lange gibt es so gut wie kein flexibles
Angebot, das den geänderten Anforderungen entspricht.
Und was ist mit der immer wieder geforderten Vernetzung
des öffentlichen Verkehrs mit Carsharing und Bikesharing? Gibt es
nicht. Die Branche hat es erfolgreich geschafft, die Novelle des
Personenbeförderungsgesetzes so zu beeinflussen, dass es keine externen Zugriffe auf die Angebote gibt. Das Vetriebsmonopol bleibt. Die Silos sind wieder fest betoniert.
Man kann den öffentlichen Verkehr nicht mehr dem öffentlichen Verkehr
überlassen. Dafür ist er einfach zu wichtig. Doch die gerne
heruntergebetete Formel, Busse und Bahnen seien das Rückgrat der Verkehrswende,
ist bestenfalls wohlmeinend und wird immer wieder von Leuten bemüht,
die Busse und Bahnen schon seit Jahren nicht mehr von innen gesehen
haben.
ÖPNV-Unternehmen dürfen kein Interesse an Kunden haben
Was ist zu tun? Die Finanzierungsstrukturen des öffentlichen Verkehrs müssen geändert werden. In Deutschland ist der Betrieb des ÖPNV Teil der Daseinsvorsorge. Das bedeutet, der Staat finanziert und bestimmt damit auch das Angebot.
So sah es in München aus – und sehr ähnlich auch in Hamburg. (Grafik: WZB/M‑Five)
Das Gute daran: Der Bus kommt. Das Problem: Er kommt aber nur zwei Mal am Tag, und in den Ferien und am Wochenende eher nicht.
Die Unternehmen haben in diesem engen Korsett goldene Handschellen
um: Wer vom Staat – in der Regel sind es die Kommunen – für solche
ÖPNV-Leistungen ausgewählt wurde, der wird dafür auskömmlich finanziert,
aber um den Preis, dass alle Leistungselemente auf zehn und mehr Jahre
festgeschrieben werden.
Unternehmerisches Handeln ist nicht erwünscht, es brächte die fein
austarierte Kalkulation durcheinander. Es gibt daher auch keinen
technischen Fortschritt. Busse und Bahnen im ÖPNV verkehren seit
Jahrzehnten in gleicher Weise. Ob mehr Fahrgäste drinsitzen oder nicht,
ist da völlig ohne Belang.
Und genau das ist das zentrale Problem: Die Unternehmen dürfen aufgrund der bestehenden Strukturen kein Interesse an Kunden haben. Wie viele Menschen mitfahren, muss ihnen – ganz objektiv gesehen – egal sein.
https://www.verkehrswendebuero.de/wp-content/uploads/2021/05/dmitry_dreyer_WyCWjGxzdNk_unsplash-5816-960-640-80-c.jpg640960Falk Begehttps://www.verkehrswendebuero.de/wp-content/uploads/2020/03/200327_verkehrswende_logo.pngFalk Bege2021-05-17 12:27:452021-05-17 13:23:52Der öffentliche Verkehr hat den Kontakt zu den Fahrgästen verloren